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Micha H. Werner (1997):

Kann Phantasie moralisch werden?

Erkundigungen bezüglich eines fragwürdigen Topos.

Überarbeitete Fassung. Originalversion erschienen in: Wils, Jean-Pierre (Hg.) (1997): Anthropologie und Ethik: Biologische, sozialwissenschaftliche und philosophische Überlegungen. Tübingen: A. Francke, S. 41-63.

Eine leicht veränderte Fassung ist am 03.11.1999 in der Zeitschrift "Berliner Blätter für Psychoanalyse und Psychotherapie" erschienen.







I

"Wir können nicht mehr wissen, was wir tun, welche Handlung unser Gehorsam oder unsere Auflehnung nach sich zieht, welche Ausbeutung, was für ein Verbrechen an den Früchten klebt, die wir essen, am Brot und an der Milch, die wir unseren Kindern geben. Wir töten, ohne das Opfer zu sehen und ohne von ihm zu wissen, und wir werden getötet, ohne daß der Mörder es weiß. Zu spät!"1

Diese düstere Diagnose äußert Doktor Marlok, ehemalige Kommunistin, Überlebende des Konzentrationslagers Stutthof und morphinsüchtige Geliebte des sadistischen Ex- Lagerarztes und jetzigen Klinikleiters Emmenberger in Friedrich Dürrenmatts Roman 'Der Verdacht'. Ihr Gegenpart, der bieder-aufrechte Kriminalkommissär im Ruhestand Bärlach, will sich mit diesem 'Zu spät' nicht abfinden. Zwar scheint der schwer krebskranke Mann Marloks Sicht des moralischen Weltzustands in wichtigen Punkten zu teilen. So setzt er anläßlich seiner Verabschiedung aus dem Polizeidienst seinen früheren Vorgesetzten durch seine polizeikritischen Ansichten in Verlegenheit:

"Überhaupt gebe es einen ganzen Haufen Verbrechen, die man nicht beachte, nur weil sie etwas ästhetischer seien als so ein ins Auge springender Mord, der überdies noch in die Zeitung komme, die aber beide aufs gleiche hinausliefen, wenn man's genau nehme und die Phantasie habe. Die Phantasie, das sei es eben, die Phantasie! Aus lauter Phantasiemangel begehe ein braver Geschäftsmann zwischen dem Aperitif und dem Mittagessen oft mit irgendeinem gerissenen Geschäft ein Verbrechen, das kein Mensch ahne und der Geschäftsmann am wenigsten, weil niemand die Phantasie besitze, es zu sehen."2

An die Stelle von Doktor Marloks fatalistischem Fazit 'Wir können nicht mehr wissen, was wir tun' tritt bei Bärlach jedoch eine Anklage der Phantasielosigkeit. Fünfmal erscheint das Wort 'Phantasie' in diesen drei Sätzen. Der Kommissär scheint in ihr eine wichtige Tugend zu sehen.

II

Zu den Konnotationen des Begriffs 'Tugend' gehört, daß moralisches Handeln nicht immer einfach und die Fähigkeit dazu keine Selbstverständlichkeit ist. Wer von 'Tugend' spricht, gesteht ein, daß der Mensch nicht 'von Natur aus gut' ist - jedenfalls nicht im moralischen Sinne. Unausdrücklich bezieht er sich auf einen jahrtausendelangen, schmerzhaften und weder geradlinigen noch abgeschlossenen Prozeß der Akkulturation der 'inneren Natur' des Menschen; einen Prozeß, den, mutatis mutandis, jedes einzelne Individuum - 'von Natur' aus ein 'krummes Holz' - in seiner eigenen Entwicklung nochmals zu durchlaufen hat. Daß auch diese individuelle Entwicklung keineswegs in jedem Fall reibungslos und erfolgreich verläuft, lehrt uns die reichhaltige sozialpsychologische Forschung zur Moralentwicklung.

Diese durchaus trivialen Hinweise verweisen nun einerseits auf Grenzen der Moralität, mit denen schon seit dem Beginn ethischer Theoriebildung gerechnet werden mußte. Andererseits stellt sich aber mit der neuzeitlichen Entkopplung der szientifisch-technischen von der praktischen Rationalität ein zusätzliches Problem: Dieses "eigentliche Problem der Geschichte", so nennt es Friedrich von Schlegel, "ist die Ungleichheit der Fortschritte in den verschiedenen Bestandteilen der gesamten menschlichen Bildung, besonders die große Divergenz in dem Grade der intellektuellen und der moralischen Bildung."3 Und dieses Problem bleibt natürlich nicht eines der innerlichen Bildung des nach kultureller Vervollkommnung strebenden Individuums. Mit der progressiven Verwirklichung des sogenannten 'Baconschen Ideals' haben sich vielmehr auch die Anwendungsbedingungen einer den zwischenmenschlichen Verkehr regulierenden Ethik grundlegend verändert. Diese Veränderungen sind es nun, auf die Doktor Marlok mit ihrem 'Nicht mehr' anspielt. Sie sind inzwischen oft thematisiert worden.4 Einige Aspekte möchte ich kurz in Erinnerung rufen:

Der Wirkungskreis menschlicher Handlungen ist gewaltig expandiert. Er ermöglicht in zunehmendem Maße Eingriffe in vormals unbeeinflußbare oder komplexe interdependente Strukturen, wie beispielsweise genetische 'Kontexte'. Auch der Mensch selbst, seine physische und psychische Natur, wird zunehmend zum Objekt menschlichen Tuns und zum Gegenstand technischen Verfügungswissens. Die zeitlichen und räumlichen Distanzen zwischen den Akteuren und den Folgen und Nebenwirkungen ihrer Handlungen haben enorm zugenommen. Institutionell oder systemisch 'sozial vermittelte' Aktionen haben an Bedeutung gewonnen.5 Die Hypothetizität von Folgeerwartungen entwickelt sich immer mehr zum Normalfall. Ein immer größerer Teil praxisrelevanter Wirklichkeit entzieht sich der sinnlichen Wahrnehmbarkeit.6 Gleichzeitig werden durch das zunehmende Auseinderdriften von »Erwartungsraum« und »Erfahrungshorizont«7 individuelle sinnliche Erfahrungen und teilweise auch Traditionen und Institutionen in immer kürzeren Zeiträumen entwertet.

Durch diese Verschärfung der moralischen Problemsituation gewinnen nun unter anderem zwei Begrenzungen an Bedeutung, welche die Möglichkeit moralischen Handelns restringieren: Erstens ist zunehmend mit einem kognitiven Engpaß zu rechnen: die Verfügbarkeit von hinreichend verläßlichem Folgenwissen wird neben der allezeit knappen Ressource 'guter Wille' zunehmend zum limitierenden Faktor ethisch verantwortbaren Handelns. Zweitens verschärft sich auch das traditionelle motivationale Problem, die begrenzte Verfügbarkeit von 'gutem Willen'. Denn wesentliche Motivationen eines moralischen oder wenigstens 'pflichtgemäßen' Handelns sind von einem entsprechenden feedback abhängig, das unsere Handlungen im unmittelbaren oder weiteren Sozialisationsumfeld hervorrufen. Dieses muß aber ausbleiben, wenn ein immer größerer Teil der Handlungseffekte gar nicht mehr direkt im jeweiligen Sozialisationsumfeld sichtbar wird. Die immer stärkere Einbindung der individuellen Einzelhandlungen in arbeitsteilige Institutionen und zumal in nicht-institutionelle, 'systemische' Handlungskontexte kann zusätzlich zu einer Aufweichung des Gefühls individueller moralischer Verantwortlichkeit und damit zu einer Verschärfung des Motivationsproblems beitragen. Eine auf Fernwirkungen sich erstreckende Verantwortungsethik (nur eine solche stellt sich ja überhaupt den beschriebenen Problemen) dürfte daher auch auf die Erschließung neuer Motivationsquellen angewiesen sein.

Wie steht es nun in diesem Zusammenhang mit Bärlachs Ruf nach 'Phantasie'? Kann sie zur Lösung der genannten Probleme beitragen? Tatsächlich scheint der Moralphilosoph, Technik- und Kulturkritiker Günther Anders dieser Meinung zu sein. Immer wieder hat er Phantasie und Vorstellungskraft als "das heute Notwendigste"8, die "Ausbildung der moralischen Phantasie" als "die heute entscheidende Aufgabe"9, ja sogar die Erweiterung der Phantasie "ins Unendliche" als "die heutige moralische Forderung", und die "Minimumforderung von heute" bezeichnet. In der Ausbildung der moralischen Phantasie sah er die entscheidende Antwort auf "unser heutiges »Wir wissen nicht, was wir tun«"10. Wohl in Anlehnung an Anders fordert auch Karl-Otto Apel die "Mobilisierung einer spezifisch moralischen Phantasie, die u. a. imstande sein müßte, die Nächstenliebe im Sinne der Fernstenliebe zu verallgemeinern."11 Und der Sache nach zielt auch Hans Jonas auf Ähnliches, wo er als vorrangige Pflichten einer zeitgemäßen Ethik die durch eine 'Heuristik der Furcht' und eine "Phantasieangst"12 angeleitete "Beschaffung der Vorstellung von den Fernwirkungen"13 sowie die "Aufbietung des dem Vorgestellten angemessenen Gefühls" 14 postuliert.

Was nun Günther Anders betrifft, so erhofft er sich von der Phantasie einen Beitrag zur Lösung beider Probleme, des kognitiven wie auch des motivationalen. Zum einen soll sie den Abstand überwinden, der zwischen unserer durch Technik gewachsenen Wirkungsmacht und unserer trotz Wissenschaft unzureichenden Prognosefähigkeit besteht. Zum anderen soll sie auch die Kluft schließen, der die Menschen als Handelnde von den Menschen als Fühlenden trennt. Kurz gesagt, durch die Ausbildung der moralischen Phantasie soll "die Kapazität und Elastizität unseres Vorstellens und Fühlens [...] dem unabsehbaren Ausmaß dessen, was wir anrichten können"15 angemessen werden.

III

In der Tradition moralphilosophischen Denkens wirkt eine derart uneingeschränkte Parteinahme für ein Mehr an Phantasie indes einigermaßen erstaunlich. Wann immer die ethisch-praktische Bedeutung der Phantasie bilanziert wurde, war das Fazit zumindest ambivalent, zumeist jedoch eindeutig negativ. Übermäßige Phantasietätigkeit zumal galt jederzeit als gefährlich. So heißt es in Zedlers Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste:

"Phantasie, Phantasey, im sittlichen Verstande heisset die Wahl und Neigung des Verstandes oder Willens, die bloß auf den Eindruck und Regung der aeusserlichen Sinnen gegruendet ist, wodurch man aber leicht und mehrentheils von der Vernunft ab- und in Eigensinn oder Thorheit verfaellet. Solche werden Phantasten genennet, und wo nicht vor Narren (wie denn das Sprichwort will, daß zehn Phantasten auf einen Narren gehen) doch der Narrheit sehr nahe geachtet."16

Und schon bei Aristoteles ist zu lesen, Lebewesen handelten nach der phantasia nur entweder deswegen, "weil sie keinen Geist haben wie die Tiere" oder aber "weil der Geist zuweilen verdeckt ist durch Leidenschaften, Krankheiten oder Schlaf, wie bei den Menschen"17.

Bei der Interpretation solcher Stellen muß allerdings der Bedeutungswandel des Phantasiebegriffs berücksichtigt werden. Denn, wie Wolfgang Iser betont, "die Phantasie hat im Laufe ihrer historischen Entfaltung sehr unterschiedliche und bisweilen schwer miteinander vereinbare Diskurse hervorgetrieben"18. Dennoch lassen sich meines Erachtens einige Merkmale benennen, die zumindest in der weit überwiegenden Mehrzahl der historischen Definitionen des Phantasiebegriffs eine Rolle spielen. Und zwei davon scheinen mir in direktem Bezug zu den beiden ethischen Funktionen zu stehen, die Anders der Phantasie zuschreiben will:

Erstens wurde Phantasie stets als ein Vermögen erlebnishafter Vergegenwärtigung hypothetischer Erfahrungsmöglichkeiten verstanden.

Zweitens wurde ihr jederzeit eine Zwischenstellung zwischen Sinnlichkeit und Ratio (beziehungsweise zwischen Es und Ich, Wille und Intellekt etc.) zugeschrieben.

1. PHANTASIE ALS 'MÖGLICHKEITSSINN'

Robert Musil hat in seinem 'Mann ohne Eigenschaften' die Existenz eines eigentümlichen 'Möglichkeitssinns' postuliert. "Wer ihn besitzt," so Musil, "sagt beispielsweise nicht: hier ist dies oder das geschehen, wird geschehen, muß geschehen; sondern er erfindet: Hier könnte, sollte oder müßte geschehen; und wenn man ihm von irgend etwas erklärt, daß es so sei, wie es sei, dann denkt er: Nun, es könnte wahrscheinlich auch anders sein."19

Die Problematisierung dieses Möglichkeitssinns hat offenbar viel mit der spezifisch modernen Erfahrung des Kontingentwerdens immer weiterer Bereiche der Wirklichkeit zu tun. Dementsprechend ist in diesem Möglichkeitssinn Phantasie in der neuzeitlichen Bedeutung eines kreativ-fiktionalen Vorstellungsvermögens anwesend. Dieser Aspekt der Fiktion, der Neubildung, der Produktivität und Kreativität, ist im antiken Begriff der phantasia wenigstens bis zu Philostratos (um 200 n. Chr.) noch nahezu vollständig ausgeblendet.20 Allerdings wird bereits seit der ersten Verwendung des Begriffs postuliert, daß die Phantasie dem Bewußtsein jeweils mehr zu präsentieren vermag als das ohnehin gerade sinnlich Wahrgenommene. Insofern ist die Behauptung gerechtfertigt, die von der Phantasie bereitgestellten Vorstellungen seien stets auf Erfahrungsmöglichkeiten bezogen. Hält man das fest, lassen sich die historischen Unterschiede im Begriffsverständnis hinlänglich durch eine Unterscheidung der entsprechenden Grade der Hypothetizität beziehungsweise der entsprechenden 'Schichten der Kategorie Möglichkeit' (Ernst Bloch) demonstrieren. So ist Aristoteles zufolge in der Phantasie prinzipiell nichts präsent, was nicht zuvor in den Sinnen war; jedenfalls, solange sie richtig arbeitet. Sie ist das Vermögen, das die Erinnerungsbilder bereitstellt. Demgegenüber wird in gegenwärtigen Phantasiedefinitionen der 'Gegenstandsbereich' der Phantasie nicht selten auf den Bereich des nur Vorstellbaren eingeschränkt, der Bereich der Erinnerung also gerade ausgeschlossen.21

Was das Problem einer 'moralischen' Phantasie anbetrifft, so scheinen hier insbesondere zwei verschiedene Möglichkeitsebenen relevant zu sein: Erstens die 'reale' Möglichkeit des Eintretens bestimmter Ereignisse, beispielsweise prognostizierter Handlungsfolgen. (Ich stelle mir vor, daß meine Mitbewohnerin einen wichtigen Termin verpaßt, weil ich vergessen habe, sie von einem Anruf zu unterrichten.) Zweitens die bloß 'fiktionale' Möglichkeit, ein anderes Subjekt von Erfahrungen zu sein, also sowohl eine andere Stelle im Raum-Zeit-Kontinuum einzunehmen, als auch unmittelbaren Zugang zu einer anderen als der eigenen Innenwelt zu haben. (Ich stelle mir vor, ich selbst sei an der Stelle meiner Mitbewohnerin.) Entsprechend möchte ich zwischen einer rein 'antizipativen' und einer 'sympathetischen' Phantasie unterscheiden; wobei die sympathetische freilich zugleich antizipativ sein kann.

2. ZWISCHENSTELLUNG ZWISCHEN SINNLICHKEIT UND RATIO

a) Phantasie als Bindeglied zwischen Sinneserfahrung und Ratio

Erkenntnisphilosophisch wurde Phantasie seit Aristoteles als eine Zwischeninstanz angesehen, die zwischen Sinneseindrücken und Denken vermittelt. Bildkräftigsten Ausdruck fand diese Vorstellung in der schlolastischen Lehre von der Existenz einer als 'Phantasiekammer' (cella phantastica) bezeichneten speziellen Hirnregion, in welcher die durch die Sinneseindrücke angelieferte Substanz vor ihrer Weiterleitung in die 'Vernunftkammer' (cella rationalis) verfeinert werde. Bereits bei Aristoteles geht mit der Beschreibung der Phantasie als einer Zwischeninstanz zwischen Sinneseindrücken und Rationalität eine Ambivalenz der Einschätzung einher: einerseits scheint die Phantasie für das Zustandekommen von Denkprozessen konstitutiv zu sein, andererseits gelangt durch sie allererst der Irrtum ins Denken, während die Sinneswahrnehmungen Aristoteles zufolge stets wahr sind.

Die Diagnose einer erkenntnisphilosophischen Ambivalenz der Phantasie wird in der platonisch-neuplatonischen Tradition weitgehend geteilt, weicht jedoch mitunter auch einer unzweideutig negativen Einschätzung. Die Kontamination mit Sinneseindrücken erscheint dann als zureichender Grund ihrer Abwertung als Mittel der Erkenntnis.

b) Phantasie als Bindeglied zwischen Leidenschaften und Intellekt

Wechselspiel von Phantasie und Affekten

Bei Augustinus wird in diesem Zusammenhang freilich bereits ein weiterer, psychologisch-anthropologischer Aspekt relevant, in dem von einer 'Zwischenstellung' der Phantasie zwischen Sinnlichkeit und Ratio gesprochen werden kann. Phantasie erscheint hier nicht allein als ein Vermögen der (re-)produktiven Vergegenwärtigung von - nach dem Modell des Sehens stilisierten - Sinneseindrücken, wie es der apraktisch-kontemplativ gerichteten qeoria-Tradition entsprochen hatte. Die in der Spätantike einsetzende Entdeckung der Bedeutung des Willens bringt es vielmehr mit sich, daß auch die Verstrickung der Phantasie in leiblich bedingte Regungen, Triebe und Leidenschaften stärker in den Blick gerät.

Auch hier kommt der Phantasie wieder eine Zwischenstellung zu: Einerseits dringen durch sie Leibesimpulse in unser geistiges Wesen und in unsere (zumal praktischen) Überlegungen ein. Andererseits können Willensregungen oder Leidenschaften durch die geistig repräsentierten Phantasievorstellungen geweckt und geleitet werden: So spricht Schopenhauer von einem durch die Phantasie vermittelten "Wechselspiel" zwischen Wille und Intellekt und beschreibt, wie Phantasievorstellungen, "welche im Intellekte aufsteigen, den Willen in Bewegung setzen". Er wählt sogar die, scheinbar in Widerspruch zur Grundidee seines Werks stehende, Formulierung "man sieht, der Intellekt spielt auf und der Wille muß dazu tanzen"22. (Ein wirklicher Widerspruch liegt hier deshalb nicht vor, weil die Phantasiebildungen wie der Intellekt insgesamt selber aus dem Willen hervorgehen.)

Wiederum entspricht dieser Zwischenstellung die insgesamt ambivalente Einschätzung und Bewertung: Einerseits wird in einer unüberschaubaren Fülle von Zeugnissen vor der Gefahr gewarnt, daß durch die "tyrannische Gewalt"23 von Phantasievorstellungen unsere Besonnenheit und Selbstbestimmung, letztlich sogar unsere physische Gesundheit das Opfer blinder Leidenschaften und Triebe - und nicht zuletzt unserer Ängste werden können. "Manche", so faßt bereits Robert Burton die historischen Meinungen zusammen, "führen alle Laster auf eine schlechte und verderbte Phantasie zurück, die mittels Zorn, Rachsucht, Wollust, Ehrgeiz und Habsucht das Falsche dem Richtigen und Guten vorzieht und die Seele mit Vorspiegelungen und Trugbildern täuscht"24 und er warnt vor allem vor einer durch Furcht angestachelten Phantasietätigkeit: "Die Furcht läßt unsere Imagination unkontrolliert arbeiten, öffnet dem Teufel Tür und Tor, wie Agrippa und Cardano versichern, und tyrannisiert unsere Phantasie mehr als alle anderen Affekte, besonders im Dunkeln."25 Wenn die Hauptgefahr in einer Entfesselung der Leidenschaften und Affekte durch die Phantasie zu sehen ist, muß nach dieser Auffassung die Phantasie wenn nicht 'gefesselt'26 so doch wenigstens 'im Zügel gehalten'27 werden.

Die Zügel-Metapher, die nicht ganz zufällig an Platons Seelenallegorie aus dem 'Phaidros' erinnert, verweist bereits auf das nun fällige 'Andererseits'. Es scheint nämlich, daß die Phantasie nicht nur, als zügellose, zur Gefahr für die vernunftgeleitete Selbstbestimmung werden kann; als gezügelte kann sie vielmehr auch in deren Dienst treten. Das "Instrument der Leidenschaften" (Burton) kann auch zu einem Instrument der Vernunft werden: "Aus dem Gesagten kann man fraglos folgern, daß die Einbildungskraft das Leitgestirn des Menschen und das Ruder unseres Lebensschiffes ist, das von der Vernunft geführt werden sollte."28 Die Vernunft kann und soll die Phantasie in Dienst nehmen, sich ihrer als eines Werkzeugs bedienen; "denn", so bemerkt nochmals Zedlers Universal-Lexikon, "waere unser Verstand mit keiner Imaginatio begabet, so würden [...] alle unsere Gedancken [...] von nicht so grossem Eindrucke seyn, daß sie wegen der Abwesenheit derer Objecte unseren Willen bewegen wuerden. [...] Eine solche, aus dem Mangel der Imaginatio entstehende Schläffrigkeit" aber "wuerde der Absicht Gottes zuwider seyn". Wie man manchen Lasteseln eine Möhre vor die Nüstern hängen muß, um sie vom Fleck zu bringen, so muß man die Hoffnungen und Ängste der Menschen durch Phantasievorstellungen ansprechen, um ihre sinnlich-leibliche Natur, ihren 'Bruder Esel' (Franziskus), zum rechten Tun bewegen.

Dem Zedler zufolge ist freilich vor allem der "Pöbel" der Handlungsmotivation durch Phantasievorstellungen bedürftig; er wird "durch eine solche [Phantasie-] Vorstellung weit mehr geruehret, als durch den gruendlichsten Vortrag, weswegen sich dann auch Geistliche derselben bedienen [!] können."29 Entsprechend ist in der Tradition der Rhetorik der Appell an die Phantasie der Hörer immer wieder als mächtiges Mittel thematisiert worden; meist in Zusammenhang mit dem Thema Metaphern.30

Daß die Instrumentalisierung der Phantasie durch andere ethisch zutiefst fragwürdig ist, versteht sich von selbst. Dem Zedler zufolge findet die Möglichkeit solcher Instrumentalisierung nur dort ihre Grenzen, wo die Handelnden sich der Macht der Phantasie völlig zu entwinden und sich allein an Gründen zu orientieren vermögen. Zu fragen wäre allerdings, ob Phantasie sich nicht schon aus sich heraus Instrumentalisierungsversuchen widersetzt. Als ein spielerisch-freies Vermögen läßt sie sich nämlich nur schwer längerfristig auf bestimmte Vorstellungen festlegen. Nicht ausgeschlossen daher, daß die 'Verführbarkeit' durch Demagogie oder die moderneren Varianten der Beeinflussung sogar negativ mit einer lebendigen Einbildungskraft korreliert, weil die Fähigkeit, eigenständig 'erlebnishafte' Vorstellungen bestimmter Ereignisse zu bilden, Resistenzkräfte gegen den täglichen Terror der Klischees und fertigen Bilder zu mobilisieren vermag; Widerstandskräfte, die freilich auch die 'moralische' Verwertbarkeit der Phantasie als jederzeit verfügbare Motivationsbeschafferin als fraglich erscheinen lassen.

Nicht in jedem Fall scheint Phantasie allerdings affektverstärkende Wirkung zu zeitigen. Richard von St. Viktor spricht demgemäß von einer mäßigenden Funktion der Phantasie, von einer 'Phantasia moderatrix'.31 Auch ist ja die Vorstellung vom 'Phantasten' als einem zum Handeln gerade unfähigen Träumer, einen bloß betrachtenden, seinen Luftschlössern nachhängenden 'Taugenichts' verbreitet. Erklärlich wird sie zunächst dadurch, daß Phantasievorstellungen in den Dienst imaginärer Wunscherfüllung treten können, welche 'reale' Wunscherfüllung wenigstens teilweise zu ersetzen imstande ist. Auch wenn man die psychoanalytische Definition der Phantasie als eines imaginären Szenariums, "das in einer durch Abwehrvorgänge mehr oder weniger entstellten Form die Erfüllung eines [...] letztlich unbewußten Wunsches [...] darstellt"32, für eine definitorische Engführung hält, wird man die enorme Bedeutung dieses Elements der Phantasie sicher konzedieren. Ebenso klar dürfte sein, daß Phantasie als Objektivation von Wünschen und Realitätsersatz, wenn überhaupt, so nur sehr indirekt eine positive 'ethische' Funktion erfüllen kann: erstens, indem sie einen notwendigen Ansatzpunkt jeder Aufklärung und Selbstaufklärung über unbewußte und verdrängte Wünsche in 'therapeutischer Kritik' (Habermas) darstellt; zweitens, sofern sie der Abfuhr aggressiver Impulse oder der Kompensation moralisch gebotener oder durch die Umstände auferlegter Entsagungen dient - ersichtlich eine zutiefst janusgesichtige Funktion. Auch diese Art der Phantasie scheint demnach vom Verstand gezähmt werden zu müssen, sollen ihre Auswirkungen verantwortbar sein.

Phantasie und Mitleid

Phantasie kann aber noch auch auf andere Weise 'mäßigend' wirken. Als sympathetische Phantasie kann sie nämlich unter Umständen in Gegensatz zur Borniertheit egoistischer Handlungsabsichten treten und diese vereiteln, indem sie eine unwillkürliche Identifikation der Handelnden mit den Betroffenen ermöglicht oder geradezu unwillkürlich 'erzwingt'. Aus der Perspektive radikal aktionistischer Ideologien erscheint Phantasie daher nicht selten als unwillkommenes Hemmnis; Phantasielosigkeit, wie Goethe zufolge Gewissenlosigkeit, als konstitutives Merkmal der Handlungsfähigkeit überhaupt. "Zum Handeln gehört", so meint in diesem Sinne Pessoas alter ego, der Hilfsbuchhalter Bernardo Soares, "daß wir uns nicht mit Leichtigkeit die fremde Persönlichkeit und ihre Leiden und Freuden vorstellen." Der Handelnde müsse nämlich mit anderen Menschen wie mit Schachfiguren verfahren, dürfe sie nur als Mittel oder Hindernisse in Erwägung ziehen. Als paradigmatischen 'Mann der Tat' beschreibt Soares daher einen Vorgänger des von Bärlachs phantasielosem Geschäftsmannes, seinen Chef Vasques. ("Vasques hat heute ein Geschäft abgeschlossen, bei dem er einen kranken Mann und seine Familie ruiniert hat. Während er das Geschäft abschloß, hatte er völlig vergessen, daß da ein Mensch vorhanden war.")33 Eine Phantasie, die solches Handeln regelmäßig durchkreuzte, scheint uns allerdings als nicht ganz aussichtslose Kandidatin für die Charakterisierung als 'moralische' Phantasie.

Tatsächlich ist es die sympathetische Phantasie, die in der moralphilosophischen Tradition mitunter Anerkennung erfährt. Oft geht diese Wertschätzung jedoch mit einer Verengung des Phantasiebegriffs einher. So setzt Adam Smith in seiner Theory of Moral Sentiments, wie ansatzweise bereits Malebranche, 'Imagination' mit 'Sympathie' gleich.34 Daß die Phantasie für die Entstehung und Entwicklung sympathetischer Reaktionen und Kompetenzen unverzichtbar ist, wird man allerdings tatsächlich kaum leugnen können. George H. Mead hat ihre Funktion durch seine Theorie der Rollenübernahme einer genaueren Beschreibung zugänglich gemacht. "Mitgefühl", so meint er, "besteht beim Menschen darin, daß man in der eigenen Identität die Haltung des Individuums auslöst, das hilfebedürftig ist. Ein Arzt kann eine Operation ganz objektiv durchführen, ohne das geringste Mitgefühl für den Patienten zu haben. Bei der Haltung des Mitgefühls aber setzen wir voraus, daß unsere Haltung in uns die Haltung der hilfbedürftigen Person auslöst. Wir fühlen mit ihr und können uns in diese andere Person hineindenken [...]."35 Dadurch können wir uns selbst zu 'Hilfeleistung' und 'Rücksichtnahme' motivieren.36

Insbesondere mit dem letzten Punkt hat sich der Entwicklungspsychologie Martin L. Hoffman eingehend beschäftigt. Sympathetische Leidens- und Schulderfahrungen stellen ihm zufolge das Motiv 'prosozialen' Verhaltens dar.37 Dabei unterscheidet er die mitfühlende Identifikation nach dem Grad ihrer Freiwilligkeit. Während sich basale Empathiereaktionen bereits durch biologische Faktoren, behaviouristische Mechanismen und durch die Theorie der 'motor mimicry response' erklären ließen, erfordere eine reife sympathetische Gefühlsreaktion das Vermögen, bewußt die Situation anderer sich vorstellen und in ihre Innenwelt sich einfühlen zu können.

Allerdings lösen, wie Hoffman eingesteht, 'sympathetische Phantasien' nicht in jeden Falle Mitleid aus. Unter Umständen können sie auch in andere Affekte transformiert werden, zum Beispiel durch 'kulturelle Überformung'. Auch kann das sympathetisch ausgelöste Mit-Leiden mitunter so stark werden, daß der 'prosoziale' Handlungsimpuls durch egoistische Verdrängungs- und Fluchtimpulse überlagert wird; Hoffman spricht hier von 'empathischer Übererregung'38.

IV

1. ANTIZIPATIVE PHANTASIE

Was zunächst die kognitive Grenze angeht, so erweist sich Phantasie offenbar gerade dort als inadäquates Mittel einer Antizipation von Handlungseffekten, wo sich das 'veränderte Wesen menschlichen Handelns' besonders bemerkbar macht. Das gesteht im Grunde auch Günther Anders ein. Trotzdem hält er an der Phantasie als Prognoseinstrument fest, weil er keine Alternativen sieht. Wissenschaftlich und arbeitsteilig verfahrende Prognosemethoden, wie beispielsweise interdisziplinäre Verfahren der Technikfolgenabschätzung, ökologische, ökonomische oder demographische, soziologische oder sozialstatistische Extrapolations- oder Szenarientechniken, zieht er gar nicht erst in Betracht. Anders' Ausführungen zur Technik- und Wissenschaftsethik wirken daher nicht selten wie der Umschlag einer resignativen individualistischen Kulturkritik in moralische Donquichotterie: sympathisch, aber wenig hilfreich.

Für die Vernachlässigung wissenschaftlicher Prognosemöglichkeiten dürften folgende Gründe ausschlaggebend sein:

Erstens waren derartige Verfahren zur Abfassungszeit eines wenigstens des ersten Bandes der 'Antiquiertheit des Menschen' teilweise noch katastrophal unterentwickelt.

Zweitens trennt Anders gar nicht deutlich zwischen den beiden Aspekten des von ihm so genannten 'prometheischen Gefälles', nämlich dem kognitiven und dem emotionalen Aspekt. Die eingangs getroffene Unterscheidung der beiden entsprechenden Grenzen einer auf Fernwirkungen bezogenen Verantwortungsethik findet sich bei ihm nicht. Hier unterscheidet sich seine Konzeption von derjenigen Hans Jonas', der zwischen der kognitiven Aufgabe einer 'Beschaffung der Vorstellungen' von Fernwirkungen und der motivational erforderlichen 'Bereitstellung des entsprechenden Gefühls' differenziert. (Entsprechend ist es auch nicht allein ein psychisches Vermögen, sondern die "Wissenschaft (oder Kunst) der Futurologie"39 von der sich Jonas die Beschaffung der Vorstellungen verspricht.)

Der dritte Grund für Anders' Desinteresse an wissenschaftlichen Verfahren der Folgenabschätzung hängt am engsten mit seiner ethischen Grundposition zusammen. Der Moralist Anders hat gegenüber allen Versuchen einer rationalen Ethikbegründung einen skeptischen Agnostizismus vertreten. Seine Position könnte man am ehesten als eine non-kognitivistische Mitleidsethik bezeichnen. Daher sind für ihn auch die Grenzen zwischen motivationalen und kriteriologischen Fragen fließend. Wenn Ethik jedoch auf nichts anderes als auf moralisches Gefühl setzen kann, und wenn andererseits Wissenschaft um ihres Objektivitätsideals willen 'subjektive' Gefühlsmomente ausschaltet, dann ist letztere möglicherweise per se unsensibel für moralische Problemstellungen und kann zu ihrer Lösung nichts beitragen.

Demgemäß optiert Anders sozusagen für eine Kompensation der wissenschaftlichen Rationalität. Diese Kompensationsoption nimmt bei ihm zwar nicht die Züge einer fundamentalen Rationalitätskritik an. So stellt er, anders als Gernot Böhme, nicht die Forderung auf, die Phantasie wieder in ihre alten Rechte einzusetzen, deren sie durch ihre kulturgeschichtliche Entmächtigung zu einem ästhetisch-fiktionalen Spiel verlustig gegangen sei - ein Vorschlag, der im Endeffekt darauf hinausliefe, ein mythisches Weltverständnis zu restaurieren.40 Indem Anders sich gegen die Option einer normativen Erweiterung des szientistisch verkürzten Rationalitätsbegriffs entscheidet, verschenkt jedoch auch er die einzig realistische Chance, die ethischen Prognosegrenzen durch die Einrichtung praxisorientierter Verfahren der Folgenabschätzung wenigstens hinauszuschieben.

Auch wer für die Option einer Erweiterung der szientistisch verkürzten Rationalität und, konkreter, für die Einrichtung praxisorientierter rationaler Prognoseverfahren plädiert, wird der Phantasie aber nicht jede Bedeutung absprechen können. Iring Fetscher hat in der Besprechung einer Zukunftsstudie der Rand-Corporation behauptet, daß 'Phantasielosigkeit' auch innerhalb wissenschaftlicher Verfahren problematisch sein kann.41 Und Hans Jonas gesteht der 'Phantasieangst' neben der motivationalen nicht ganz zu Unrecht auch eine heuristische Funktion zu ('Heuristik der Furcht'). Tatsächlich sind die andauernden Diskussionen über den Status 'beschränkter' Rationalität (Herbert A. Simon), 'sozialer Rationalität' (z. B. Charles Perrow) und den Wert von Laienurteilen innerhalb wissenschaftlicher Prognoseprozesse auch eine Konsequenz der Unumgänglichkeit tentativ-heuristischer Orientierung an vorwissenschaftlichen Zukunftsszenarien, Leitbildern, Utopien und Anti-Utopien. Der heuristische Wert solcher Vorstellungen liegt dabei nicht so sehr in ihrem unmittelbar prognostischen Gehalt. Er liegt vor allem darin, daß in ihnen auf erwartete zukünftige Ereignisse sich richtende Hoffnungen und Befürchtungen sowie Wertüberzeugungen und moralische Intuitionen zum Ausdruck kommen, die zwar unreflektiert, aber deswegen noch nicht notwendig zu vernachlässigen sind. Methodologisch haben solche Wertungen freilich den Status von Vor-Urteilen, die in rationalen Verfahren abgearbeitet, also in ihren berechtigten Teilen rational rekonstruiert, in ihren 'irrationalen' Teilen kritisch dekonstruiert werden müssen.

Überhaupt können wissenschaftliche Prognoseverfahren von einer kritischen, etwa kognitionspsychologisch, sozialwissenschaftlich oder kommunikationstheoretisch zu leistenden Aufklärung der Mechanismen und Eigenarten sowohl des individuellen psychischen Vermögens einer 'antizipierenden' Phantasietätigkeit, als auch der gesellschaftlichen Produktion, Distribution und Rezeption kollektiver Phantasievorstellungen nur profitieren.

Zum einen sind nämlich gesellschaftliche Verhaltensweisen, beispielsweise die öffentlichen Reaktionen auf wissenschaftlich-technische Innovationen, von diesen Faktoren mitbestimmt. Diese Verhaltensweisen aber machen selbst einen Teil der zu prognostizierenden Zukunft aus. Die Risikopsychologie hat beispielsweise überzeugende Belege dafür gesammelt, daß die vorwissenschaftlichen Risikoperzeptionen auf charakteristische Weise von den Ergebnissen 'wissenschaftlicher' Risikoanalyse abweichen. Einer der am häufigsten diskutierten Gründe war bereits Schopenhauer wohlbekannt. Das von Phantasievorstellungen bestimmte vorwissenschaftliche Gefahrenbewußtsein sei irrational, meint Schopenhauer, "[d]enn haben wir uns den schwarzen Phantasien (blue devils) überlassen; so haben sie uns Bilder nahe gebracht, die nicht so leicht wieder weichen: denn die Möglichkeit der Sache, im Allgemeinen, steht fest, und den Maaßstab des Grades derselben vermögen wir nicht jederzeit anzulegen: sie wird nun leicht zur Wahrscheinlichkeit, und wir haben uns der Angst in die Hände geliefert."42 Wahrscheinlichkeiten können eben sehr viel weniger Gegenstand bildhafter Vorstellung sein als die konkrete Gegenständlichkeit der Schadensfälle selbst.

Solche Erkenntnisse sind freilich nicht immun gegen eine 'sozialtechnologische' Nutzung im Sinne des Comteschen 'savoir pour prévoir, prévoir pour prévenir', wie sie, nebenbei bemerkt, von der frühen Risikopsychologie durchaus intendiert war;43 überdies scheinen sie die völlige Wertlosigkeit der Phantasie als Prognoseinstrument zu belegen. Gerade die zunächst leichthin pauschal als 'irrational' verworfenen laienhaften Risikoperzeptionen haben jedoch eine in vielem berechtigte Kritik der klassischen 'wissenschaftlichen' Risikoforschung provoziert. Selbst die unzweifelhaft unreflektiert-'irrationale' Überrepräsentation der Schadensgröße gegenüber der Eintrittswahrscheinlichkeit hat zu der Frage genötigt, ob es nicht normativ-ethisch rechtfertigbar ist, von einem gewissen Schadensausmaß an mehr als die proportionale Wahrscheinlichkeitsabnahme, ab einem gewissen Punkt vielleicht sogar eine 'Null-Wahrscheinlichkeit' gemäß dem Grundsatz 'in dubio contra projectum'44 zu verlangen.

Zum anderen ist zu bedenken, daß viele der Entwicklungen und Konsequenzen unserer wissenschaftlich-technischen Zivilisation keineswegs, wie die Technokratietheoretiker glaubhaft machen wollten, zur Gänze aus strenger Sachrationalität erklärbar sind. So sind beispielsweise, wie die Technikgeneseforschung hat deutlich machen können, nicht erst die Reaktionen auf technische und wissenschaftliche Innovationen, sondern bereits diese selbst vielfach von vorwissenschaftlichen Antizipationen, etwa technischen 'Leitbildern' (Meinolf Dierkes), mitbeeinflußt. Auch diese haben mitunter recht wenig mit wissenschaftlich begründeten Erwartungen zu tun; man denke an das Beispiel der bemannten Weltraumfahrt,45 an die anfänglichen Erwartungen gegenüber der noch jungen Atomtechnologie,46 oder an die teils kuriosen, teils perversen Zukunftsphantasien, die renommierte Wissenschaftler im berüchtigten Ciba-Symposion von 1962 entwickelt haben.47 Wo aber derart bereits das 'Datenmaterial' von Prognoseverfahren deutlich vorwissenschaftlich-fiktive Züge trägt, wird man sich auf deren kritische Analyse verstehen und einlassen müssen.48

Möglicherweise liegt darin der rationale Kern der Andersschen These, unsere Wirklichkeit gewinne selbst zunehmend den Charakter des Phantastischen. Andererseits haben wir uns mit der Stellungnahme für eine Kritik individueller und kollektiver Phantasien sehr weit von Anders' Plädoyer für moralische Phantasie entfernt.

2. SYMPATHETISCHE PHANTASIE

In bezug auf die sympathetische Phantasie ist dieses Plädoyer womöglich besser begründet. Zwar ist auch sie ein äußerst unsicheres und 'täuschbares'49 Erkenntnismittel. Zu einem guten Teil ist sie aber nicht ersetzbar oder verzichtbar. Das leuchtet unmittelbar ein, wo die Bedürfnisse, das Leiden oder Wohlergehen solcher Erfahrungssubjekte interpretiert, bewertet, abgewogen und berücksichtigt werden sollen, die ihre Präferenzen und Interessen nicht selbst artikulieren können. So hat denn, wo es darum geht, die Ansprüche unterschiedlicher Tierarten zu erwägen, auch der 'Tierrechtler' Singer "keinen besseren Vorschlag, als daß wir uns in der Phantasie ausmalen, was es bedeuten würde, eine andere Art von Lebewesen zu sein"50. Auch sonst überall, wo wir nicht durch die Organisation realer Diskurse die Chance einer "Entlastung der Phantasie des einzelnen" von der Aufgabe einer "Antizipation der möglichen Interessen der Betroffenen"51 wahrnehmen oder nicht alle Betroffenen einbeziehen können und also advokatorische Diskurse führen müssen, sind wir auf sympathetische Phantasie angewiesen. Das heißt natürlich keineswegs, daß wir uns in diesen Fällen auf eine mitleidsethische Position zurückziehen sollten oder müßten. Die fiktive Rollenübernahme und Situationseinfühlung kann vielmehr prinzipiell dem heuristischen Zweck dienen, diejenigen Interessen zu ermitteln, die durch bestimmte Ereignisse möglicherweise betroffen sein könnten und die wir im Gedankenexperiment oder im stellvertretenden Diskurs zu berücksichtigen haben, weil sie von den betroffenen Personen selbst nicht geltend gemacht werden können.52

Es ist nicht ohne weiteres klar, ob durch das 'veränderte Wesen menschlichen Handelns' diese interessenheuristische Bedeutung der sympathetischen Phantasie zu- oder abnimmt. Zwar wächst durch die Ausdehnung der Handlungsmacht die Notwendigkeit advokatorischer Interessenberücksichtigung; beispielsweise, weil sich die relevanten Handlungsfolgen zunehmend auf künftige Generationen erstrecken. Jedoch scheint eine detailliertere und kontextsensible Abwägung individueller Interessen nur in Nahbereichsethiken realisierbar. Wo es hingegen um die Lebensbedingungen künftiger Generationen geht, können in der Regel nur wenige fundamentale Interessen berücksichtigt werden. Zu deren Ermittlung bedarf es jedoch keiner großen Anstrengungen einer sympathetischen Phantasie.

Die motivationale Bedeutung der sympathetischen Phantasie wird durch die Ausdehnung des Bereichs der Handlungsfolgen allerdings nicht eingeschränkt. Zwar ist weist Mead darauf hin, daß die Intensität sympathetischer Emotionen von einer reaktiven 'Mithilfe' des leidenden Anderen abhängig sein kann.53 Andererseits gibt es jedoch Belege dafür, daß auch die antizipativ-sympathetische Fähigkeit, "sich neben einer nicht vorliegenden (aber möglicherweise erwogenen) Handlung auch die darauf wahrscheinlich erfolgende Leidensreaktion des anderen zu vergegenwärtigen"54 durchaus motivational wirksam werden kann.

Die antizipativ-sympathetische Phantasie kann in ihrer Funktion als Realitätsersatz freilich auch zu einer im Bereich des Illusionären bleibenden Befriedigung 'prosozialer' Affekte beitragen. Nicht zuletzt dadurch wird ein Verhalten erklärlich, wie es Marcel Proust beim Hausmädchen Françoise beschrieben hat, deren Mitleid "menschliche Wesen [...] um so mehr erregten, in je größerer Ferne sie ihr Dasein fristeten."55 Demgemäß warnt sogar Gernot Böhme vor einem Zuviel an fiktiver sympathetischer Anteilnahme,56 und George Steiner vertritt, unter dem Eindruck des nationalsozialistischen Grauens, die These, "daß [...] die Fähigkeit, sich auf eindringliche und bedenkliche Weise mit imaginären Personen oder Gefühlen zu identifizieren, der harten Wirklichkeit vieles von ihrer Unmittelbarkeit und Härte nehmen kann. Wir reagieren schärfer auf das literarische Leid als auf das Elend von nebenan. Auch hierfür liefert die jüngste Vergangenheit grelle Beweise."57

Insgesamt scheint also einiges für die traditionelle Einschätzung zu sprechen, daß Phantasie ein moralisch zutiefst ambivalentes Vermögen darstellt, das 'gezügelt' werden muß, wenn es nicht zu einem Problem für die Fähigkeit zu sittlicher Selbstbestimmung werden soll. Das Bild des Zügels ist allerdings nicht schlechthin angemessen. Denn das Verhältnis zwischen den durch Phantasie nahelegten emotionalen Regungen einerseits und den durch die kognitiven moralischen Normen vorgeschriebenen Verhaltensvorschriften andererseits ist zwar nicht notwendig harmonisch (Phantasie allein macht uns keineswegs zu 'schönen Seelen'); es muß aber auch nicht in jedem Falle antagonistisch ausfallen. Letztlich handelt es sich also um ein - durchaus ernst zu nehmendes! - Bildungsproblem; das Problem der Ausbildung einer moralischen Sensibilität, an die durch das 'veränderte Wesen menschlichen Handelns' zum Teil neue, zusätzliche Anforderungen gestellt werden.

An dieses je individuelle Bildungsproblem ist allerdings die Antwort auf die drängende Frage, ob und wie denn den neuen Herausforderungen der Gegenwart überhaupt moralisch zu begegnen sei, längst nicht so eng geknüpft, wie Anders annimmt. Denn sobald kognitive Fragen der Folgenermittlung tendenziell nur noch unter Einbeziehung wissenschaftlicher Verfahren geklärt werden können und solange es - schon allein zur Beendigung von 'prisoners-dilemma'-Zuständen - geraten erscheint, eventuell vorhandene moralische Motivationen durch wirksame Sanktionserwartungen zu unterstützen,58 ist jede ethische Konzeption, die nicht auch auf die Etablierung und Veränderung gesellschaftlicher Institutionen setzt, anachronistisch oder, um mit Anders zu sprechen, 'obsolet'. Nur eine 'Umwegethik'59 kann dem von Arnold Gehlen vorgebrachten anthropologischen Überforderungsargument etwas Überzeugendes entgegensetzen.60 Metaphorisch ausgedrückt: Ein phantasievoller Kriminalkommissär kann nicht eine Polizei ersetzen, die systematisch versagt. Gegen eine grundlegende Reform der Polizei hätte hingegen wohl auch Bärlach nichts einzuwenden.

Ohne Phantasie wird man freilich auch bei der Etablierung neuer und der Veränderung alter Institutionen nicht auskommen. Aber das steht auf einem anderen Blatt.


Anmerkungen

1 Dürrenmatt, Friedrich (1988: IV, 225).

2 Dürrenmatt, Friedrich (1988: IV, 136).

3 Schlegel, Friedrich von (1964/1795: 236), zitiert nach Koselleck, Reinhart (1979: 363).

4 Besonders einflußreich war sicher Hans Jonas' Schilderung des 'veränderten Wesens menschlichen Handelns'; vgl. Jonas, Hans (1979: 13; vgl. ebd. ff.). Man kann freilich Jonas' Diagnose in großen Stücken teilen ohne wie er die Konsequenz zu ziehen, es bedürfe einer 'neuen Ethik'; vgl. z. B. Wimmer, Reiner (1989) u.v.a.

5 Der Risikosoziologe Wolfgang Bonß spricht zusammenfassend von einer dreifachen Entkopplung der Handlungsfolgen von den Handlungen, nämlich in zeitlicher, sachlicher und sozialer Hinsicht; vgl. Bonß, Wolfgang (1995: 62 ff.).

6 Vgl. außer Anders, Günther (1956) auch Beck, Ulrich (1986: 96 ff.).

7 Vgl. Koselleck, Reinhart (1979: 349ff.).

8 Anders, Günther (1987: 56).

9 Anders, Günther (1956: 272).

10 Anders, Günther (1983/1972: 37 u. 36). Im Original teilweise kursiv.

11 Apel, Karl-Otto (1988: 17 f.).

12 Jonas, Hans (1985: 66).

13 Jonas, Hans (1979: 64).

14 Jonas, Hans (1979: 65).

15 Anders, Günther (1956: 272); Hervorhebung M. W.

16 Zedler, Johann H. (Hg.) (1961 ff./1732 ff.: XXVII, 1742).

17 De anima, 429, a 3.

18 Iser, Wolfgang (1992: 292).

19 Musil, Robert (1952/1931 ff.: 30).

20 Vgl. Pagnoni-Sturlese, M. R. (1989)

21 Vgl. z. B. Dorsch, Friedrich / Häcker, Hartmut / Stapf, Kurt H. (Hg.) (1994: 567).

22 Schopenhauer, Arthur (1988: II, 241 f.).

23 Gracian, Balthasar (1978/1647: XXX).

24 Burton, Robert (1988/1521: 200).

25 Burton, Robert (1988/1521: 208); Burtons Rede vom Teufel ist dabei durchaus wörtlich zu nehmen; "hinter der Maske der Phantasie 'wußte' man damals" tatsächlich, wie Hartmut und Gernot Böhme feststellen, "den Teufel". Allerdings ist es eine unberechtigte Vereinfachung, wenn die Autoren fortfahren: "Als man sich dann geeinigt hatte, daß es den Teufel nicht gibt, was lag näher, als die Phantasie selbst zu verteufeln. Für alles 'Böse' machten sie die Aufklärer verantwortlich" (Böhme, Hartmut / Böhme, Gernot (1983: 420)); denn erstens begann, wie gezeigt, die Phantasiekritik nicht erst mit der Aufklärung und zweitens hatte diese Kritik auch in der Aufklärungsepoche nicht durchweg die von Böhme und Böhme behauptete Absolutheit.

26 Vgl. nicht nur in diesem Zusammenhang das instruktive Werk von Grassi, Ernesto (1984/1979: v. a. Kap. IX, 1), sowie mit weiteren Belegen und problemgeschichtlichen Hinweisen Iser, Wolfgang (1992: 292 ff.).

27 Vgl. Schopenhauer, Arthur (1988: VI 428 f.).

28 Burton, Robert (1988/1521: 204).

29 Zedler, Johann H. (Hg.) (1961 ff./1732 ff.: VIII, 534).

30 Vgl. auch hierzu v. a. Grassi, Ernesto (1984/1979).

31 Vgl. Pagnoni-Sturlese, M. R. (1989: 528).

32 Laplanche, J. / Pontalis, J.-B. (1994: 388).

33 Pessoa, Fernando (1987/1982: 30 f.).

34 Smith, Adam (1976/1759: 12, 22, 75, 317); vgl. Iser, Wolfgang (1992: 294 f.).

35 Mead, George H. (1973/1934: 346 f.).

36 Vgl. Mead, George H. (1973/1934: 416 f.).

37 Vgl. z. B. Hoffman, Martin L. (1979).

38 Vgl. Hoffman, Martin L. (1979: 263 f.).

39 Jonas, Hans (1979: 65).

40 Der Mythos "ist nicht ›irrational‹, sondern präsentiert die Wirklichkeit in bezug auf Verheißungen und Befürchtungen, er ermöglicht eine Orientierung in einer bedeutsamen Welt", meint Böhme, Gernot (1985: 187 f.) verharmlosend.

41 Fetscher, Iring (1980: 196 ff.).

42 Schopenhauer, Arthur (1988: 429).

43 So beschreibt Paul Slovic das Anliegen der Risikopsychologie in folgenden Worten: "If successful, this research should aid policy-makers by improving communication between them and the public, by directing educational efforts, and predicting public responses to new technologies (for example, genetic engineering), events (for example, a good safety record or an accident), and new risk management strategies (for example, warning labels, regulations, substitute products)". (Slovic, Paul (1987: 281)).

44 Vgl. Böhler, Dietrich (1994).

45 Vgl. Ott, Konrad / Mutschler, Hans D. (1992).

46 Vgl. Radkau, Joachim (1983: 78 ff.).

47 Vgl. Jungk, Robert / Mundt, Hans J. (Hg.) (1988/1963: z. B. 367 ff.).

48 Vgl. z. B. Marz, Lutz / Dierkes, Meinolf (1992).

49 Vgl. Böhme, Gernot (1985: 186).

50 Singer (1984/1979: 125).

51 Apel (1988: 120 f.); vgl. auch Habermas, Jürgen (1996b: 49).

52 Die Frage, inwieweit 'sympathetische' Phantasie auch bereits für das Gelingen der Verständigung über Interessen und Bedürfnisse innerhalb nicht-advokatorischer Diskurse konstitutiv ist, bleibt hier außer acht, weil sie für die Problematik der spezifisch neuen Herausforderungen der Ethik irrelevant scheint.

53 Vgl. Mead, George H. (1973/1934: 347 f.).

54 Hoffman, Martin L. (1979: 259).

55 Proust, Marcel (1979/1913 ff.: 164).

56 Böhme, Gernot (1985: 191).

57 Steiner, George (1973/1967: 42).

58 Vgl. Habermas, Jürgen (1992).

59 Vgl. Hubig, Christoph (1993: 110).

60 Gehlen sah in jeder 'Fernethik' eine 'moralische Überforderung' angelegt, da das "menschliche moralische Organ" prinzipiell "auf Naheliegendes eingestellt" sei; Gehlen, Arnold (1986: 137).


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(Das erste Datum in der Klammer bezieht sich auf die jeweils herangezogene Ausgabe, ein eventuell nach Schrägstrich angegebenes weiteres Datum auf den Zeitpunkt des erstmaligen Erscheinens.)

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