Im normalen Sprachgebrauch wird "r." auf verschiedene Weise verwandt und dient unter anderem der Identifikation oder der Qualifizierung von Gegenständen ("Dies ist der richtige Schraubenzieher" - z. B. derjenige, von dem ich gerade gesprochen habe oder derjenige, der für meine Zwecke geeignet ist) und von sprachlichen oder nichtsprachlichen Äußerungen ("Er hat richtig geantwortet", "Du hast die Klingel nicht richtig gedrückt", "Es war nicht richtig, ihm die Wahrheit zu verschweigen"). Dabei ist der Begriff grundsätzlich auf normative Ansprüche oder Regeln unterschiedlicher Art bezogen (z. B. konventionelle Regeln, Wahrheitsansprüche, zweckrationale Effizienzkriterien, moralische Normen). Daß eine Äußerung r. ist, besagt, daß sie den jeweils gemeinten normativen Ansprüchen genügt oder in bezug auf die jeweils gemeinten Regeln "korrekt" ist. Eine numerisch identische Handlung (z. B. das Aufbrechen eines Tresors) kann daher widerspruchsfrei zugleich als richtig (in bezug auf zweckrationale Standards der Effizienz) und als unrichtig oder falsch (in bezug auf rechtliche oder moralische Normen) beschrieben werden. Dabei wird im Alltagsgebrauch vielfach nicht explizit gemacht, welche Standards jeweils als Zuschreibungskriterien der R.keit fungieren; in der Regel ist dies aus dem Gesprächskontext zu erschließen. Dieser formale, inhaltlichen Festlegungen gegenüber offene Charakter des Begriffs macht auch die hochsprachlich unzulässige, umgangssprachlich aber gebräuchliche Verwendung von "r." zum Zweck einer Bekräftigung beliebiger Eigenschaftszuschreibungen erklärlich ("richtig gut", "richtig komisch" o.ä.).
Seit der durch L. Wittgensteins Überlegungen zum Problem des Regelfolgens maßgeblich mitbestimmten sprachpragmatischen Wende wird der Terminus R.keit, zumal in der sprachanalytischen Philosophie, meist zur Qualifikation des Regelbezugs von Äußerungen verwandt. Die R.keit einer Äußerung ist dabei gleichbedeutend mit ihrer Regelkonformität.
Diesen R.begriff im Sinne von Regelkonformität thematisiert E. Tugendhat im Zusammenhang mit dem Problem der (relativen) Rechtfertigung von Handlungen: "Wenn wir eine Handlung rechtfertigen, sagen wir, sie sei richtig, und meinen damit zunächst: sie sei regelkonform. Alles bewußte Handeln ist regelgeleitet [...], und insofern gehört das Wortpaar »richtig-unrichtig« konstitutiv zu allen bewußten Handlungen. Eine Handlung kann z. B. richtig sein relativ zu einer Schreibregel, einer Spielregel, einer sozialen Konvention, einer technischen Regel, einer Rechtsnorm. Man kann hier von einer relativen Rechtfertigung sprechen. Man rechtfertigt sein Handeln, gibt Rechenschaft dafür, relativ zu einer bestimmten Norm, und d. h. dann auch: gegenüber den bestimmten Partnern, die sich an diese Regel halten."
Von diesem schwachen R.keitsbegriff unterscheidet Tugendhat einen zweiten, anspruchsvolleren Begriff von R.keit. Dieser verweist auf eine absolute Rechtfertigungspraxis, "absolut in dem Sinn, daß sie a) nicht relativ zu einer vorgegebenen Regel erfolgt und deswegen auch b) nicht gegenüber bestimmten Partnern, sondern gegenüber beliebigen Partnern". Diese Praxis nennt Tugendhat "Ausweisung". Unmittelbar ließen sich nur Behauptungssätze ausweisen: "Die Richtigkeit von Aussagen gilt nicht relativ zu einer Regel, sondern schlichtweg; diese Richtigkeit nennt man Wahrheit." Mittelbar können jedoch auch alle anderen Arten von Handlungen ausgewiesen werden, und zwar deshalb, "weil absichtliche Handlungen Intentionssätze implizieren und diese durch Aussagen begründet werden können, die die Form haben »es ist gut (besser), daß...« (worunter auch die Form fällt »es ist gut, x zu tun«)" (Tugendhat 1976: 115). Die Ausweisung praktischer Sätze kann sowohl instrumentell-technische Fragen (der zweckrationalen Mittelwahl bei gegebenen Zielen) als auch ethische Fragen (der Bestimmung der letzten Handlungsziele selbst) betreffen.
An Tugendhats Überlegungen schließen sich G. Kohlers Ausführungen zum Problem praktischer Rechtfertigung an, in denen dem Begriff der R.keit breiter Raum zukommt. Auch Kohler unterscheidet relative und nicht-relative R.keit, wobei er präzisiert, daß die nicht-relative R.keit primär als eine "Eigenschaft der Regel, die im Handeln verfolgt wird" verstanden werden müsse und "lediglich sekundär als eine Eigenschaft des Vollzugs der Handlung selbst" (Kohler 1988: 55).
Aber auch der Begriff der moralischen R.keit ist nicht eindeutig definiert, da die verschiedenen ethischen Konzeptionen die Zuschreibung moralischer R.keit jeweils von unterschiedlichen Kriterien abhängig machen. Legt man ein allgemeines Verständnis moralischer R.keit zugrunde, so stellt die Begründung von Urteilen über die R.keit von Handlungen bzw. Handlungsnormen die Hauptaufgabe aller Konzeptionen normativer Ethik dar.
In manchen dieser Konzeptionen, den sogenannten deontologischen Theorien, kommt dem Begriff der R.keit allerdings eine besondere Bedeutung zu. Diese Theorien gründen auf der Überzeugung, daß das Spezifikum der moralischen R.keit der unbedingten Verbindlichkeit ihres Anspruchs bestehe. Darüber hinaus wird angenommen, daß sich der Anspruch der moralischen R.keit nur dann als unbedingt verbindlich erweisen lasse, wenn er nicht von Urteilen über das evaluativ Gute, über das subjektiv Erstrebenswerte oder über subjektive Präferenzen abhängig gemacht werde (vgl. klassisch Kant 1968/1785: 393-401), wie dies im Rahmen teleologischer Ethiken der Fall ist (Deontologische Theorien; Teleologie). Das Konzept der moralischen R.keit wird in deontologischen Theorien also schärfer gegen das Konzept des evaluativ Guten (Erstrebenswerten) und gegen einen zweckrationalen Begriff technisch-instrumenteller R.keit abgegrenzt, als in teleologischen Konzeptionen.
Ch. Larmore macht freilich zu Recht geltend, daß in universalistisch-teleologischen Konzeptionen, wie z. B. dem Utilitarismus, ein (bedingter) Gegensatz zwischen dem individuell Erstrebenswerten und dem moralisch R.en bestehen bleibe, da hier nur diejenige Handlungsweise als r. gelte, die von einem unparteiischen Standpunkt aus als vorteilhaft erscheine, während den Anweisungen teleologisch-partikularistischer Konzeptionen (Glücksethiken, Ethiken des "Guten Lebens") nur der Status empfehlender Ratschläge zukomme (vgl. Larmore 1998: 324).
In vielen deontologischen Theorien wird das moralisch R.e nicht nur dem evaluativ Guten, sondern auch vom moralisch Guten abgegrenzt (das Gute). Während ihnen zufolge Handlungen als moralisch r. ausgewiesen werden könnten (sofern sie gültigen moralischen Normen entsprechen), werde durch den Begriff des moralisch Guten das Handlungsmotiv einer moralischen Beurteilung unterzogen. Handlungen können demnach moralisch richtig sein, ohne moralisch gut zu sein (vgl. Ross 1930: 1-15), nämlich dann, wenn sie nicht durch moralische Gründe motiviert waren (wenn also, mit Kant gesprochen, pflichtgemäß, aber nicht aus Pflicht gehandelt wurde).
Eine Zentralstellung nimmt ein deontologisch interpretierter moralischer R.keitsbegriff in der v.a. durch K.-O. Apel und J. Habermas repräsentierten sprachpragmatischen Diskursphilosophie ein (vgl. u.v.a. die Beiträge in Apel 1976). R.keit wird hier, neben Wahrheit und Wahrhaftigkeit, als ein universaler Geltungsanspruch konzipiert. Geltungsansprüche sind mit verstehbaren Äußerungen verbundene Ansprüche auf intersubjektive Anerkennungswürdigkeit (diskursive Einlösbarkeit, Konsensfähigkeit) von Äußerungsinhalten bzw. von (semantischen oder pragmatischen) Äußerungsimplikationen. Universal sind Geltungsansprüche, sofern sie, wenigstens implizit, mit jeder verstehbaren Äußerung erhoben werden müssen. Im Gegensatz zur sprachanalytischen Standarddefinition wird R.keit dabei von vornherein als moralischer Geltungsanspruch interpretiert, der sich weder auf beliebige Regeln, noch auf theoretische Standards und auch nicht auf die zweckrationale Mittelwahl bei gegebenen Handlungszielen oder die eudaimonistische Suche nach Entwürfen eines 'guten Lebens' bezieht. R. ist eine Handlung vielmehr dann und nur dann, wenn sie sich gemäß universell konsensfähigen Interaktionsnormen ausweisen läßt. Der Begriff der R.keit verweist damit auf moralisch-praktische Diskurse als diejenigen Rechtfertigungsverfahren, in denen die R.keit von Handlungsnormen ebenso geklärt werden soll wie die Wahrheit von Behauptungen in theoretischen Diskursen. Kriterium der R.keit einer Handlungsnorm ist letztlich ihre Zustimmungsfähigkeit im Rahmen eines argumentativen Diskurses, an dem idealiter alle potentiell von der Normbefolgung Betroffenen (Habermas) bzw. alle Argumentationsfähigen (Apel) beteiligt sein sollen.
Apel, Karl-Otto 1976 (Hg.), Sprachpragmatik und Philosophie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Demmerling, Christoph 1992, Richtigkeit, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, herausgegeben von Ritter, Joachim und Karlfried Gründer, Basel: Schwabe & Co., 8, 1038-1045.
Kant, Immanuel 1968/1785, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in: Werke: Akademie Textausgabe, herausgegeben von Kant, Immanuel, Berlin: Walter de Gruyter & Co., 4, 385-464.
Kohler, Georg 1988, Handeln und Rechtfertigen: Untersuchungen zur Struktur der praktischen Rationalität. Frankfurt a. M.: Athenäum.
Larmore, Charles 1998, Right and Good, in: Routledge Encyclopedia of Philosophy, herausgegeben von Craig, Edward, London / New York: Routledge, 8, 322-325.
Ross, William D. 1930, The Right and the Good. Oxford: Oxford University Press.
Tugendhat, Ernst 1976, Einführung in die sprachanalytische Philosophie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.